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Baurecht Der versteckte Mangel – Mythos oder Wahrheit?

Was ist ein offener Mangel, was ein versteckter Mangel und wie unterscheidet sich letzterer von dem arglistig verschwiegenen Mangel? Wer trägt wann die Beweislast? Nebst unterschiedlichen Voraussetzungen liegen auch unterschiedliche Gewährleistungsfristen vor.

Mängel

Der Auftragnehmer ist grundsätzlich dazu verpflichtet, eine mangelfreie Sache an den Auftraggeber zu übergeben. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um die Herstellung eines Tisches oder eines ganzen Wohnhauses handelt.

Von einem Mangel wird immer dann gesprochen, wenn die Sache nicht die vertraglich vereinbarte oder die übliche Beschaffenheit aufweist (§ 633 Abs. 2 BGB).

1. Versteckter Mangel

Ein versteckter Mangel bezeichnet einen Mangel, der zum Zeitpunkt der Abnahme für den Auftraggeber nicht ohne weiteres erkennbar ist, obgleich dieser bereits bei der Abnahme vorlag. Diese Mängel zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei einer üblichen Überprüfung des Bauwerks nicht entdeckt werden können und somit bei der Abnahme verborgen bleiben. Typische Beispiele für versteckte Mängel sind fehlerhafte Isolierungen, unsachgemäß ausgeführte Abdichtungen oder verdeckte Konstruktionsfehler, die erst im Laufe der Zeit zu sichtbaren Schäden führen. Die Identifikation solcher Mängel erfordert oftmals eine spezialisierte Untersuchung, die über die oberflächliche Begutachtung des Bauwerks hinausgeht.

2. Offener Mangel

Hiervon zu unterscheiden ist der offene Mangel, also ein Mangel, welcher bereits zum Zeitpunkt der Abnahme ohne umfassende Untersuchungen erkennbar ist. Dabei kann es sich um offensichtliche Fehlstellen, wie Farbunterschiede oder Beschädigungen handeln, aber auch um Wasserschäden oder von der Vereinbarung abweichende Ausführungen. Diese offenen Mängel müssen bereits bei der Abnahme gerügt werden, damit diese nicht als zugestanden gewertet werden können. Andernfalls stehen dem Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche für diese Mängel zu.

Somit sind nahezu alle Mängel, welche erst nach der Abnahme zu Tage treten, als versteckter Mangel zu deklarieren.

3. Arglistig verschwiegener Mangel

Der arglistig verschwiegene Mangel ist ein Ausnahmefall. Arglistiges Verschweigen eines Mangels liegt vor, wenn der Unternehmer den Mangel zu irgendeinem Zeitpunkt während der Herstellung wahrgenommen, seine Bedeutung als erheblich für den Bestand oder die Benutzung der Leistung erkannt, ihn aber dem Besteller wider Treu und Glauben nicht mitgeteilt hat. Dies setzt sichere Kenntnis des Mangels voraus und das Bewusstsein, die Leistung vertragswidrig erbracht zu haben (siehe BGH, Urteil vom 8. März 2012 - VII ZR 116/10). Hiervon umfasst sind auch Fälle des sog. Organisationsverschuldens. Davon sind Fälle betroffen, in denen sich der Auftragnehmer Dritte zur Ausführung der geschuldeten Leistung bedient, ohne die Arbeitsleistung zu überprüfen. Wenn die Mängel bei richtiger Organisation offenbart worden wären, handelt es sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung um einen arglistig verschwiegenen Mangel (siehe BGH, Urteil vom 30.11.2014 – X ZR 43/03).

Gewährleistungsfristen bei Mängeln

Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche ist in § 634a BGB geregelt. Jedoch bestehen für verschiedene Mängel auch unterschiedliche Verjährungsfristen.

Ein offener Mangel, welcher nicht im Rahmen der Abnahme gerügt wird, gilt als zuerkannt. Damit entfallen die Gewährleistungsrechte für diese Art des Mangels. Sofern die Mängel jedoch bei der Abnahme gerügt werden, stehen dem Auftraggeber die üblichen Gewährleistungsansprüche zu.

Das Gesetz unterscheidet hier nach der Vertragsart und der Mangelart.

- Verjährung nach 2 Jahren

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme der Sache zu laufen und endet nach zwei Jahren. Diese Frist bezieht sich auf die zu erbringende Leistung durch den Auftragnehmer. Hiervon umfasst sind die bei der Abnahme gerügten offenen Mängel und die versteckten Mängel, welche im Laufe der laufenden Verjährungsfrist offenbar werden.

- Verjährung nach 5 Jahren

Für Bauverträge gilt eine abweichende Verjährungsfrist von insgesamt fünf Jahren. Damit soll der Komplexität des bauvertraglichen Leistungsbildes Rechnung getragen werden. Auch insoweit beginnt die Verjährung mit der Abnahme und endet mit Ablauf der vorgesehenen fünf Jahre. Hiervon umfasst sind die bei der Abnahme gerügten offenen Mängel und die versteckten Mängel, welche im Laufe der laufenden Verjährungsfrist offenbar werden.

- Verjährung nach 3 Jahren

Lediglich arglistig verschwiegene Mängel verjähren binnen drei Jahren gem. § 195 BGB. Die Verjährung beginnt, in Abweichung zu den zwei vorstehenden Fristen, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Auftraggeber von dem Mangel Kenntnis erlangt hat. Sofern ein arglistig verschwiegener Mangel in Verbindung mit einem Bauvertrag auftritt, ist zu beachten, dass die Verjährung arglistig verschwiegener Mängel nicht vor dem Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist eintritt (§ 634a Abs. 3 S. 2 BGB). Die Ansprüche auf Nacherfüllung und Selbstvornahme verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Auftraggebers spätestens in zehn Jahren von ihrer Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB).

Beweislast

Die Beweislast für Mängel, welche bei der Abnahme bereits gerügt wurden, liegen bei dem Auftragnehmer . So muss der Auftragnehmer nachweisen, dass die behaupteten Mängel nicht vorliegen.

Im Falle der versteckten Mängel , oder besser gesagt, nachträglich angezeigter Mängel obliegt die Beweislast dem Auftraggeber . Gleiches gilt für die arglistig verschwiegenen Mängel. So muss der Auftraggeber nicht nur den Mangel selbst nachweisen, sondern zugleich die Kenntnis des Auftragnehmers von den vorhandenen Mängeln zum Zeitpunkt der Abnahme.

Der arglistig verschwiegene Mangel kommt dem Gedanken des gemeinhin synonym verwandten „versteckten Mangels“ recht nahe, soweit der Anknüpfungspunkt für die Verjährung nicht die Abnahme, sondern vielmehr die Kenntnis von dem Mangel darstellt. Damit bleibt festzuhalten, dass es keinen versteckten Mangel mit der Rechtsfolge einer über die Verjährungsfristen hinausgehenden Geltendmachung von Gewährleistungsrechten gibt.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
10. April 2024

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